„Absent gods and silent tyranny
We’re going under hypnotised
By another puppeteer
And tell me why the men in cloaks
Always have to bring me down
Running from the ghosts and shadows
The world just disavows…“
Es ist endlich da. Das von mir am sehnlichsten erwartete Album des Jahres. Muse veröffentlichen ihr siebtes Studioalbum und sagen darüber selbst, es wäre das Beste seit langem. Verrückt, sich selbst so einen Druck aufzubauen. Die Erwartungen sind gigantisch hoch. Über die letzten Wochen wurde im aktuellen Stil der Musikindustrie immer wieder ein neuer Song released. Man hat das halbe Album schon, bevor es erscheint. Ungwöhnlich, aber ich mag es, um ehrlich zu sein. Man nimmt die einzelnen Songs von Anfang an viel intensiver auf, durchleuchtet jede Neuerscheinung penibel, hört sie hoch und runter. Was dabei verloren geht ist das Gefühl von Komplettheit. Das Gesamtkunstwerk Album, das Muse besonders bei „Origin of Symmetry“ so perfekt beherrschten, wird zunächst zerstückelt. Aber dafür kann man es ja jetzt endlich in Gänze auf sich wirken lassen.
Ist es denn nun auch das vermeintlich beste Album seit langem? Ein klares „JA!“ schießt mir durch den Kopf. Warum? Nun, es ist die einzigartige Symbiose all dessen, was wir bisher von Muse kennen. Als hätten sich Matt, Dom und Chris hingesetzt und resümiert, welche Stile sie in den letzten Jahren besonders gut umgesetzt haben, was ihnen am besten gefiel. Um es dann in einen großen Topf zu werfen, langsam und sorgsam umzurühren, mit ein paar noch politischeren Texten zu würzen, gelungen abzumischen und dann mit kleinen Appetithappen beginnend zu servieren. Da erinnert das pumpende „Psycho“ mit ungwohnt derben Ausdrücken an eine Mischung aus „Supermassive Blackhole“ und „Time Is Running Out“. Da klimpert „Mercy“ ähnlich leicht und mitreißend dahin, wie die Hits „Starlight“ oder „Map Of The Problematique“ zuvor. Die Leichtigkeit ist jedoch eine Ausnahme. Generell ist die Platte wieder mehr an die Ursprünge des britischen Trios angelehnt. Aggressiver mit mehr Gitarren-Riffs, Matt kreischt wieder mehr in hohen Stimmlagen. Für eingefleischte Fans ein Traum, für alle später Dazugestoßenen vielleicht weniger. Die Weichspülerzeit ist jedenfalls zunächst Geschichte. Dennoch werden auch die relativ neuen Queen-Einflüsse wieder aufgegriffen, denn bei „Defector“ denkt man automatisch ein Cover dieser Band zu hören. „Aftermath“ ist ein Stück, das mit seiner ausgeprägten Basslinie stark an die Klänge des Albums „The Resistance“ erinnert. Ein ruhiger Gegenpol zu den bisher kraftvollen Songs der Platte. Das lange, gepfiffene Intro von „The Globalist“ ähnelt dem Mundharmonika-Intro von „Knights Of Cydonia“, wandelt sich dann allerdings von seicht zu energetisch, um letztendlich episch wie „Drones“ auszuklingen. Die schon fast opernhafte Komposition, wie man sie bereits in ähnlicher Form von den Vorgängeralben kennt, setzt den fulminanten Schlusspunkt. An Herrn Bellamy, der schon seit Kindertagen das Klavierspiel virtuos beherscht, ist eben ein echter Komponist verloren gegangen.
Es ist also ein Sammelsorium bekannter Rhythmen und bewährter Melodien, ohne dabei abgetragen zu wirken. Es sind immer noch oder wieder Muse, wie man sie kennt und liebt. Noch immer bereiten einem bestimmte Stellen in den Songs eine Gänsehaut, noch immer berühren die Texte so tief, spürt man den Herzschmerz wie seinen eigenen. Und es ist endlich mal wieder ein politisches Statement. Noch vor kurzem habe ich bemängelt, dass viele Künstler in den letzten Jahren zu oberflächlich geworden sind, dass keiner mehr das Instrument Musik nutzt, um etwas in den Köpfen der Menschheit zu bewegen. Da möchte man meinen, Herr Bellamy hätte dies gehört und prompt reagiert. Bislang drehte es sich meist um die Liebe, Religion, die Natur des Menschen oder die Gesellschaft allgemein. Nun gerät direkt das System unter Beschuss, passend zur derzeit durchaus angespannten Weltlage. Um auf den Punkt zu kommen: ein absolut gelungenes Meisterwerk und eine definitive Kaufempfehlung. Genug Stoff, um die nächsten drei Jahre zu überstehen und sich auf die kommende Tour zu freuen.
M.F.
Tracklist:
Dead Inside
[Drill Sergeant]
Psycho
Mercy
Reapers
The Handler
[JFK]
Defector
Revolt
Aftermath
The Globalist
Drones
MUSE – Drones
Warner Music International, VÖ: 05.06.2015