Bastille – Bootstour, Hamburg

 

 

 

 

 

„You’re out of sight but not out of my mind…“

 

 

 

 

 

 

Hamburg, meine Perle. Für mich als musikbegeisterte Hannoveranerin ist Hamburg das Mekka, wenn es um Konzerte und Festivals geht. Neben Berlin natürlich, was aber generell eigentlich zu weit entfernt ist. Umso schöner, dass es mich diesmal wieder in die Stadt an der Elbe verschlägt und das auch noch zu einem ganz besonderen Event. Die britische Pop-Band Bastille spielt nämlich vor ihrem Auftritt beim Dockville Festival (den Bericht dazu findet ihr hier) ein exklusives Mini-Konzert auf einem Boot, zu dem nur geladene Gäste erscheinen dürfen. Glücklicherweise darf ich mich am heutigen Tage dazu zählen und so mache ich mich auf zu den Landungsbrücken. Das Wetter hat sich meiner Laune angepasst und die Sonne strahlt bei hitzigen 23 Grad am blauen Sommerhimmel – einfach traumhaft schön. Da ich eher zur Fraktion „lieber zu früh da, als zu spät“ gehöre, habe ich noch ausreichend Zeit am Wasser zu sitzen, es zu genießen und mich zentimeterdick mit LSF50 einzuschmieren. Das Boot habe ich auch schon entdeckt und am Tontechniker Paul Cooper erkannt, dass hier wohl für Bastille aufgebaut wird. Ja, es ist bei weitem nicht das erste Konzert der Truppe, das ich erleben darf, aber wohl das Außergewöhnlichste. Nachdem ich die Parkuhr mittlerweile mit schlappen 10€ gefüttert habe, finden sich auch endlich die ersten Gleichgesinnten an Brücke 10 ein. Überraschenderweise eine ziemlich große Gruppe sind wir, obwohl man die Tickets lediglich bei Gewinnspielen ergattern konnte. Nach einer geringfügigen Verzögerung sehen wir auch endlich den zweistöckigen Kahn auf uns zu schippern, der zwischenzeitlich am Dockville seine wertvolle Fracht aufgenommen hat. An Bord nun die vier Jungs, deren Soundcheck leise zu uns herüber weht, während die Barkasse langsam an uns vorüber zieht. Nach der kurzen Vorbereitung verschlägt es Sänger Dan Smith, Bassisten Will Farquarson, Keyboarder Kyle Simmons und Drummer Chris >Woody< Wood auf das obere Deck, von wo aus sie entspannt und auch etwas neugierig die Menge beäugen, welche sich nun in das stickige Unterdeck drängt. Es werden Getränke und Snacks gereicht und ich geselle mich mit meiner Begleitung zum deutschen Fanclub der Band an die forderste Front.

Es dauert nicht lange und die vier Briten bahnen sich ihren Weg durch die bereits freudig wartenden Gäste. Gut drauf sind sie heute, ein Späßchen hier, ein Witzchen da, strahlen sie um die Wette. Wahrscheinlich ist es auch für sie ein kleines Highlight. Wann spielt man auch schon mal auf einem Boot vor knapp 50 Leuten, wenn man normalerweise große Hallen füllt? Schon erklingen die ersten Töne. Eine sanfte Version von „Things We Lost In The Fire“ wabert über die braune Elbe, füllt die Kabine und ich fühle mich sofort zuhause. Wie eine Decke umhüllt mich die warme Stimme des Herrn Smith und nimmt mich mit in das Reich der Erinnerungen. Nachdem ich sie jetzt schon auf vier Konzerten und dem Hurricane gesehen habe, kann ich die Intimität dieses Gigs kaum begreifen. Wohnzimmer-Wohlfühlatmosphäre beschreibt es noch am besten. Ein Sing-Along mit alten Freunden. Und so wiege ich mich im Takt der Musik von den Wellen getragen hin und her und genieße. Das zweite Stück des Tages ist ein wohlbekanntes Neues: „Snakes“, das man schon als Live-Mitschnitt von diversen Festivals kennt. Doch so nah und auf so kleinem Raum wirkt es beinah noch schöner. Charlie Barnes, der Live-Musiker, welcher seit geraumer Zeit mit den Briten tourt, sticht besonders stimmgewaltig heraus und kann getrost als Bereicherung des Teams anerkannt werden. Ein alter Song soll folgen, das Publikum darf entscheiden – solange sie „Flaws“ hören wollen zumindest. Alles lacht und die kuschelig freundschaftliche Stimmung beeindruckt mich ein weiteres Mal. So gelöst, so entspannt wirken die Herren einen Meter vor mir selten. Nur die Hitze macht uns allen etwas zu schaffen und auch Sänger Dan muss kurz auf dem kleinen Treppchen mit Ausblick einen tiefen Atemzug frische Hafenluft schnappen. Das stete Auf und Ab der Wellen hindert ihn ebenso ein wenig an der Entfaltung, springt er doch sonst gern unkoordiniert und wie er selbst zu sagen pflegt „awkward“ durch die Gegend. Nach ein paar missglückten Versuchen hat er dieses Vorhaben diesmal jedoch vorsorglich ad acta gelegt, was wahrscheinlich auch sicherer sein dürfte.

War „Flaws“ bisher immer der Song, zu dem Herr Smith das Bad in der Menge suchte, so ist es auf unserem Kutter heute das neue Stück „Lesser Of Two Evils“. Andächtig begleitet von Bassist Will auf der Gitarre, ergießt sich Dan’s ruhige Stimme in allen Facetten über die Menge. Das Lied, das an Nancy Sinatras „My Baby Shot Me Down“, bekannt aus Kill Bill, angelehnt ist, bringt Gänsehaut und ein wenig Melancholie in diesen sonnigen Tag. Ein Gefühl, das spätestens bei ihrem Hit „Pompeii“ wieder verfliegt, der nun inbrünstig von allen mitgesungen wird. Die Mehrstimmigkeit des Songs wird in diesem Raum zum ersten Mal in vollem Ausmaß deutlich, kann man doch ganz genau beobachten, dass wirklich jedes einzelne Mitglied der Band mitsingt. Die Hände fliegen energiegeladen über die Keyboards, zupfen Saiten und trommeln im eingängigen Rhythmus, den jeder von uns nur allzu gut kennt. Es scheint schon beinahe nicht ausgelassener werden zu können, mein Herz tanzt zum Beat und ich wünsche mir, dass dieser Moment nie enden möge. Leider wird in dieser Sekunde das letzte Lied angekündigt. Die Uptempo-Nummer „Good Grief“ bildet den Rausschmeißer und der Name der Single ist Programm. Obwohl das Schiffchen teilweise heftig schwankt, kann ich mir eine gewagte Hüftbewegung nicht verkneifen und trotz der Feierlaune hält bereits die Traurigkeit Einzug. Das ist also schon das Ende. Wie ein Ertrinkender nach Luft schnappt, sauge ich jede Sekunde, jede Pore der Protagonisten vor mir, jeden Ton, jede noch so kleine Bewegung in mich auf, halte sie fest für schlechte Zeiten. Denn dies ist ein Tag, der mich wärmen soll, wenn das Alltagsgrau überhand nimmt. Der mich zum Lächeln bringen soll, wenn mir das Herz mal schwer wird. Der mich daran erinnern soll, wie schön es manchmal ist einfach nur da zu sein. Unter tosendem Applaus und mit vielen Dankesbekundungen verabschieden sich Bastille von der Bühne.

Etwas trunken vor Freude folge ich ihnen durch die schaukelnde Schaluppe hinauf ins gleißende Tageslicht. Noch ist es nicht ganz vorbei. Wenn auch unter hohem Zeitdruck, werden Autogramme gegeben und Selfies gemacht und auch ich komme zu einem kurzen Schwätzchen. Noch einmal an Dan und Kyle gekuschelt, noch einmal fotografisch festgehalten, was mein löchriges Hirn allzugern vergisst. Und schon hetze ich selig hinfort zur nächsten Station: dem Dockville. Bis später, Jungs! Im November sehen wir uns wieder, ganz bestimmt!

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M.F.

Setlist:

  1. THINGS WE LOST IN THE FIRE
  2. SNAKES
  3. FLAWS
  4. LESSER OF TWO EVILS
  5. POMPEII
  6. GOOD GRIEF

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