„No regrets, you need this
Your socks have been knit
Your shoes have been tied
Tied, everything’s fine
You’re dressed to fight
Fight, stop being tired!
Stop being tired, cut all the wires.
Stop, stop rubbing your eyes
Get yourself addicted…“
Im Dezember 2015 hatte ich zum ersten mal die Ehre, die Jungs von den Leoniden live auf der Bühne zu sehen und wurde total geflasht. Nun ist es 2017 und ich halte ihr erstes Album in den Händen, okay noch in MP3-Format auf meinem Smartphone, denn es wird erst erscheinen und zwar am 24.02.2017. Es gibt eine limitierte Clear Vinyl, auf die ich schon sehr gespannt bin, denn ich hab echt ein kleines Faible für bunte Platten, die normale Version gibt es in mintgrün -auch total schön und am Ende werde ich dann beide Versionen zu Hause stehen haben, ich kenne mich doch. Das gute Stück heißt übrigens wie die Band selbst – Leoniden. Die Jungs haben sich ordentlich ins Zeug gelegt, sowohl bei ihrer Plattengestaltung, als auch bei den Songs. Mich erwarten zwölf an der Zahl, die unterschiedlicher nicht sein könnten und doch irgendwie eins verbindet: die Energie und das Können der fünf Kieler Jungs. Auch wenn ich ein paar Anläufe gebraucht habe um manche Lieder wirklich ins Herz zu schließen, ist es den Leoniden doch gelungen, mich zu begeistern.
Aber nun mal ganz ruhig -auch wenn das nicht immer zu Ihrem Musikstil passt- und schön der Reihe nach: Mit ‚Nevermind‘ wählen sie ein Lied, welches perfekt passt, um ihr Debütalbum zu eröffnen. Eine unglaubliche Energie weht mir schon in den ersten Sekunden entgegen. Es hat auf jeden Fall Ohrwurmpotenzial und man kann schon nach ein paar Hördurchgängen mitsingen, nicht nur, weil der Refrain so catchy ist, sondern auch weil man sich irgendwie gleich verbunden mit dem Inhalt des Textes fühlt. Bei mir ist es nun schon eine Weile her, dass ich von meiner sicheren Umgebung ausgebrochen und in die Welt hinaus bin, aber dieses Lied wäre sicherlich meine ‚Ausbruchshymne‘ gewesen. (‚Nevermind, you get used to a lot.‘) Der Song beschreibt unglaublich passend, wie man sich fühlt, wenn man in dieser Situation steckt. Nach dem Studium, der Ausbildung oder der Schule fragt man sich natürlich: Und wie geht’s nun weiter? Bleibt man in seinem Nest, bei seinen Freunden oder zieht man los und findet seinen eigenen Weg, sich selbst vielleicht sogar? So wird man gleich hineingezogen in die Welt der Leoniden, erfährt von den Ängsten, die die doch noch jungen Künstler bedrücken und es ist irgendwie befreiend, ihre Zeilen mitzusingen.
Mit ‚1990‘ folgt gleich der nächste eingängige Song und die Kuhglocke ertönt! Ich glaube, das war nach der Stimme von Sänger Jakob das Zweite, was mich damals auf dem Maximo Park Konzert umgehauen hat, bei dem die Leoniden spontan als Vorband einsprangen -was sich im Nachhinein als echtes Glückslos erwies. Zwischen all den Songs, die jeden Tag aus dem Radio dudeln, ist man doch erst einmal verwirrt von diesem Instrument und schaut sich vorsichtig um, ob vielleicht eine Kuh auf der Bühne steht. Die Cow Bell bringt einen frischen Wind in die Songs, hat auf jeden Fall Wiedererkennungswert und Schmunzelfaktor. ‚You’re dressed to fight, fight, stop being tired. Stop being tired, cut all the wires!‘ Wenn man dieses dynamische Lied hört, bekommt man gleich Lust etwas zu tun, rauszugehen, etwas zu erreichen, dem Alltag zu entfliehen oder einfach mal auf ein Leoniden-Konzert zu gehen. Aber sie können auch anders, wie sie zum Beispiel mit ‚The Tired‘ beweisen, eins der Lieder, das mich gleich von Anfang an in seinen Bann gezogen hat. Der Text ist einfach super schön geschrieben und wieder geht es um das Thema fest zu sitzen und die Antriebslosigkeit, die so manches Mal von einem Besitz ergreift, aber auch darum, dass viele schöne Dinge auf dich warten, wenn du nicht aufgibst (‚Get up on your feet, the better place is near, don’t give up‘). Der passende Song, wenn einem mal wieder gesagt werden muss, dass es sich lohnt, für seine Ziele zu kämpfen und brauchen wir solche Musik nicht alle manchmal?!
Sowohl ‚Iron Tusk‘, als auch ‚Doves‘ entwickelt sich so gar nicht in die Richtung, die man in den ersten Sekunden erwartet. Anfangs noch rockig, zackig und mitreißend, bis auf einmal der Umschwung zur ruhigeren Partie folgt, die aber auch passt, so wenig man es zunächst glauben mag. Dieses Wechselspiel zwischen den verschiedenen Dynamiken wirkt nicht ausbremsend oder stimmungsmindernd, sondern fügt sich in das Gesamtpaket ein: Ideenreichtum und Können zieht sich durch das gesamte Album. Wenn man denkt: ‚Das geht jetzt aber nicht zusammen.‘, machen die Norddeutschen einen Latschen daraus, der perfekt passt, so wie Cinderella’s Glasschuh. Mit ‚Sisters‘ schlagen sie zunächst wieder ruhigere Töne an und ich bin mal wieder von Jakob’s Stimme begeistert, die im Refrain erneut so schön heraus sticht. Ob nun Schreien oder Singen, es steht ihm einfach beides gut. Mit den leicht dancigen Rhythmen, die sich zum Ende hin zum Keyboard gesellen, kommt auch wieder Schwung in die Bude, der sich schön am Anfangsflow anschmiegt. Irgendwie ist es durch seine poppige Energie so ein: ‚Ey, irgendwie würde sich das gut im Club oder im Radio machen!‘; auch ohne Remix, denn es funktioniert auch so bestens. Ein rundum gelungener Song und ich sehe mich schon mit meinen besten Dancemoves auf dem Parkett, wenn sie das Lied einmal live spielen. Wenn das kein Ansporn ist…?!
Was soll ich zu ‚Storm‘ schreiben? Ich bin viel zu sehr damit beschäftigt, auf meinem Stuhl hin- und herzuwippen und dieses absolut coole Lied zu feiern. Auch die weiblichen Backgroundchöre passen mal wieder wie die Faust aufs Auge und sind über das ganze Album verteilt immer wieder ein adäquater Akzent zu Jakob’s Stimme. Auch wenn es irgendwie wieder total zusammen gewürfelt ist und die Einflüsse aus so verschiedenen Richtungen auf dieses Lied einprasseln, ist ‚City‘ ein stimmiger Song und wie schon zum wiederholten Male komme ich nicht drumrum, mitzuwippen. Unglaublich, wie gut die Leoniden es verstehen, aus so vielen verschiedenen Stilrichtungen genau das richtige Fünkchen heraus zu fischen und sie zu einem tollen Gesamtwerk zu vermengen. Man könnte denken, sie haben ihren Stil noch nicht gefunden und probieren einfach alles aus, was ihnen je zu Ohren gekommen ist, aber irgendwie haben sie durch ihre facettenreiche Art doch ihre ganz eigene Marke gefunden. Beim Titel ‚Two Peace Signs‘ fragt man sich doch: ‚Was will der Künstler mir damit sagen?‘ er könnte auch von einer langhaarigen Hippie-Kommune stammen, ganz nach dem Motto: ‚Frieden für alle und doppelt hält besser.‘ Oder ist es eine fast philosophische Art zu sagen: ‚Frieden mit der Zukunft, Frieden mit der Vergangenheit‘? Doch meine Recherchen haben ergeben, dass mehr dahinter steckt: er beschreibt das doppelte Peace-Zeichen, eine selbst erfundene Geste und Parole der Band, die sie sogar als Tattoos auf der Haut tragen und die das Albumcover des Debüts ziert. Ich hoffe, eines Tages kann ich das Mysterium um deren Entstehung im Interview mit den Jungs für uns alle aufklären.
Zusammengefasst ist es wirklich ein unglaublich gutes Erstlingswerk. Auch wenn ich bei manchen Liedern gut zwei bis drei Anläufe brauchte, um sie ins Herz zu schließen, bin ich nun doch begeistert, was diese jungen Künstler da zusammen gezaubert haben. Liebe auf den zweiten Blick halt. Ich würde abschließend gerne noch etwas zu ‚Remote‘ schreiben, denn irgendwie hat dieser Song etwas verdammt cooles an sich. Der Anfang zum Beispiel ist mal etwas total anderes und auch zum Ende hin gefällt er mir wieder total gut, nur mittendrin finde ich es leider nicht so treffend für mich. Trotzdem ein toller Song und vielleicht muss ich mich bei diesem halt öfter reinhören, um ihn voll und ganz zu mögen und zu verstehen. Nichtsdestotrotz merke ich in jeder Sekunde, wie viel Arbeit die Leoniden in diese Platte gesteckt haben, wie viel Herzblut hineingeflossen ist und dass sie ihre unterschiedlichen Charaktere eingebracht haben. Noch immer überrascht es mich, dass so eine vielseitige Band aus Deutschland kommt und dann noch aus dem Norden, aber nun wurde ich schon öfter eines Besseren darüber belehrt, dass auch wir uns musiktechnisch nicht verstecken müssen – vorausgesetzt man schaut sich (auch) außerhalb der Charts um. Die Leoniden schaffen eine verdammt gute Mischung aus Rock und Elektro, die mit Pop Liebe machen und heraus kommen wunderbar tanzbare Klänge, die einen einfach nicht still sitzen lassen und ich bekomme Lust auf ganz viele Live-Shows, auf denen sie zeigen, was sie auch außerhalb des Studios können. Lasst euch gesagt sein: Sie geben immer 100% auf der Bühne, wenn nicht sogar mehr. Also: Nicht verpassen, wenn sie in der Stadt sind! Es war mir eine Freude, vorab in eine so ereignisreiche Platte schnuppern zu dürfen von einer tollen Band, die noch ganz viel vor sich hat und ich hoffe, dass ich auch noch in ein paar Jahren zu ihrem Sound mit Susanne abdancen werde.
J.S.
Tracklist:
Nevermind
1990
The Tired
Iron Tusk
Doves
Remote
Sisters
Storm
North
City
Two Peace Signs
Eleven Hands
Two Peace Signs Records, VÖ: 24.02.2017