Planetarium Interview

Hin- und hergerissen von der unendlichen Weite der künstlerischen Freiheit und den Vorgaben der Musikindustrie, versuchen Planetarium mit ihren Liedern das Lebensgefühl und den Zeitgeist mit ihren Zuhörern zu teilen. Frontfrau Julia Leimenstoll verrät im Interview, wie man Musik lernen kann, was Selbstverwirklichung heutzutage bedeutet und welcher Druck auf einer Newcomer-Band lastet.

Drei Männer, eine Frau – wie habt ihr euch gefunden?

Julia: Beim Studium! Wir haben alle zusammen Musik studiert und sind durch ein gemeinsames Projekt zusammengekommen. Bei den Proben lief es dann so gut, dass wir uns zu einer Band zusammengeschlossen haben. Ich fühle mich auch überhaupt nicht separat als Frau. Wir sind ein ziemlich gut eingespieltes Team und manchmal wird man in so einem Männergespann auch viel offener und lockerer.

Geht einem denn etwas verloren, wenn man Musik nicht gelernt hat?

Julia: Man muss nicht studiert haben, um ein guter Musiker zu sein, auf keinen Fall. Aber man kann unglaublich viel dazugewinnen. Das Studium dauert vier Jahre und ist ein fortlaufender Prozess, in dem man verschiedene Themenbereiche abdeckt, neue Leute trifft und mit seinem Instrument umzugehen lernt. Bei mir war es zum Beispiel die Stimme. Ich habe ganz viele Gesangstechniken gelernt, die es mir ermöglichen zwei Wochen am Stück durchzusingen ohne heiser zu werden. Und ganz ehrlich? Ohne mein Studium hätte ich meine Band, wie sie heute ist, gar nicht!

Und dann seid ihr über Nacht auf den Namen gekommen?

Julia: Überhaupt nicht! Wir haben ewig gesucht und es kurzzeitig sogar aufgegeben. Bis Alex dann „2001: Odyssee im Weltraum“ gesehen und uns davon erzählt hat. Was der Film jetzt mit unserem Namen zu tun hat, denkst du dir? Nun ja, das Universum passt einfach zu uns – wir vier feiern die große Weite und den Raum total, deshalb Planetarium.

Gab es denn eine Alternative?

Julia: Drang & Sturm – aber das hat die Google-Suche leider nicht so unterstützt.

Ein riesen Highlight für jede Newcomer-Band ist definitiv die erste Tour. Wie zufrieden seid ihr denn bisher? Sind alle Vorstellungen erfüllt? 

Julia: Zum Glück nicht! Ich hatte ein wenig Sorge, dass es vielleicht unorganisiert, ein wenig chaotisch und total stressig werden könnte. Aber es ist alles total entspannt: Unsere Konzerte sind immer gut besucht, wir schlafen alle genug und haben immer etwas zu essen! (lacht)

Welche Stadt hat denn bisher am meisten überzeugt?

Julia: Alle Städte waren cool, aber am meisten umgehauen hat uns mit Abstand Karlsruhe, meine Heimatstadt. Es waren einfach so viele Freunde da, teilweise auch Schulfreunde und Familie, von denen wir es nie erwartet hätten. Meine 80-jährige Oma kam zum Beispiel und hat sich uns angehört. Das kann natürlich keiner so schnell toppen…

In eurer Single „Raus“ heißt es „Ich bin raus, bin überall zu Haus“. Wie macht man sich denn den Tourbus nach einem Konzert zum zu Hause?

Julia: Das hört sich so langweilig an, aber wir versuchen immer nicht mehr allzu viel zu machen. (lacht) Meistens trinken wir nur noch ein, zwei Bier, vielleicht auch Wein und gehen dann auch schon ins Bett, damit wir fit für den nächsten Tag sind.

Ein Stichwort in euren Songs ist die Selbstverwirklichung. Der Wunsch danach wird immer größer, jeder träumt davon. Was haltet ihr denn von dem Ganzen?

Julia: Vielleicht ist es nicht so einfach, weil die Möglichkeiten besser, aber auch die Träume größer geworden sind. Aber genau genommen ist es gar nicht so schwer. Man muss nur gewisse Risiken eingehen und Mut, Ausdauer, sowie Fokus beweisen. Lieber geht man aber die Selbstverwirklichung ein und trägt ein Risiko, als dass man nur ewig davon träumt. Und wenn schon! Dann wird man vielleicht nicht Millionär oder berühmt in Amerika, aber das wird man auch nicht, wenn man es nicht probiert.

Da wäre ja aber noch der immer andauernde Gesellschaftsdruck, wenn man es probieren möchte. Es wird so viel erwartet. Was lastet denn zum Beispiel auf euch als Newcomer?

Julia: In eine Schublade gesteckt zu werden. Obwohl wir immer positives Feedback bekommen, ist es oft mit einem „aber“ verbunden – ob wir uns dies und jenes vorstellen könnten oder ob wir mit dem und jenem zusammenarbeiten würden…

Aber?

Julia: Es ist eigentlich gar nicht so verkehrt! Anfangs hat es uns ein wenig verunsichert, aber mittlerweile wissen wir, dass es seine Vorteile hat. Es ist gut zu wissen, welche Schubladen es gibt und in welche Richtungen man sich weiterentwickeln könnte. Man darf sich nur nicht von alledem erdrücken lassen. Solange es sich richtig anfühlt, macht das einen auch stark. Wir haben nicht das Gefühl, dass wir mit unserer Musik keinen Platz finden werden.

Und bis dahin dann ganz nach dem Motto „früh gelernt, wie falsches Grinsen geht“ aus eurem Song „Wo bin ich“?

Julia: Falsch sein wünschen wir uns nicht! (lacht) Es geht eher darum nett und höflich zu bleiben und sich damit vielleicht auch Ärger zu ersparen. Wir probieren gerne neue Sachen aus und spielen mit Ideen. Aber wir müssen uns eben treu bleiben und lassen uns deshalb auch nicht so einfach vom Weg abbringen. Wenn es keinen Spaß mehr machen würde und das Produkt das Einzige wäre, was zählt, dann hätte unsere Kunst doch keinen Sinn mehr, oder?

Das ist wohl wahr. Aber apropos Spaß: Ene Mene Mu? Ladei? Was haben solche Ausdrücke denn in euren Songs verloren?

Julia: Es macht eben Spaß! So kindliche Ausdrücke oder Wortspielereien sind einfach erfrischend. Textlich hat zum Beispiel der Rap großen Einfluss auf uns, auch wenn es überhaupt nicht unsere Musikrichtung ist. Wir gucken uns das aber gerne ab – die Poesie, den Reimfluss oder den Mut zum Text. Eben auch zu viel und außergewöhnlichem Text.

Welches Lied steht bei euch denn derzeit auf repeat?

Julia: „One Dance“ von Drake ist unser absoluter Gute-Laune-Song zurzeit. Aber auch die letzte Platte von Tame Impala,„Current“, läuft bei uns momentan rauf und runter.

Wären das auch eure Wunsch-Kooperationspartner?

Julia: Tame Impala? Auf jeden Fall! Aber die sitzen leider in Australien, das ist ein bisschen weit…

Gut, dass heutzutage alles möglich ist! Man muss nur träumen!

Julia: Richtig! Aber um mal im deutschen Raum zu bleiben… wir fänden auch OK Kid, Mine oder Bilderbuch richtig cool. Toll wären vielleicht auch Rapper wie Amewu!

Aber jetzt erstmal eure erste eigene Platte! Obwohl die EP „Versilberte Welt“ ja eigentlich schon Herbst 2016 kommen sollte…

Julia: Das wäre alles zu hektisch geworden. Wir hingen noch im Mastering, das Design stand noch nicht fest und der Booker war auch neu. Es hat sich für uns einfach nicht so gut angefühlt. Deshalb lieber Frühjahr 2017, aber dafür entspannter und richtig. Jetzt ist unsere Zeit gekommen!

Perfekte Abschlussworte! Danke für das Interview und noch viel Erfolg, aber vor allem Spaß auf eurem weiteren Weg, Planetarium!

L.N.

Credits @Lynn Nguyen Credits @Lynn Nguyen

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert