FOURS & To Kill A King – Nochtspeicher, Hamburg

 

 

Compassion, compassion, compassion

Is my weapon of choice

 

 

2015 hatte es mich bereits schon einmal in den Nochtspeicher verschlagen, um die fünf Briten von To Kill A King zu erleben und nun – drei Jahre später – werden sie Hamburg in eben dieser Location erneut mit ihren Klängen begeistern. Damals von den großartigen Dancing Years begleitet, haben sie heute die befreundete und ebenfalls aus London stammende Band FOURS, mit auf ihre Reise durch Deutschland genommen. Wenige Wochen zuvor durfte ich To Kill A King und FOURS noch zusammen mit Childcare in ihrer Heimatstadt erleben und ich kann nur sagen: der ganze Abend war eine pure Freude! Umso mehr freue ich mich natürlich, dass ich die großartige Band um Sängerin Edith Violet so schnell wiedersehen kann. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass sich nur wenige weibliche Künstlerinnen in meiner Playlist tummeln. Aber Edith‘s außergewöhnliche Stimme, ihre spritzige Stimmung gepaart mit den unheimlich schönen Lyrics haben mich einfach von der Stelle an begeistert. Und was gibt es Schöneres, als an einem grauen Montag das Tanzbein zu schwingen und damit die Winterstarrheit aus den Gliedern zu treiben. Ich weiß nicht, wie es hinter mir aussieht, da ich ziemlich weit vorne stehe und meine Augen nicht von der Bühne abwenden kann, wo die flippige Sängerin über die Bühne springt und ihre gute Laune versprüht, aber ich glaube niemand im Saal kann bei diesen so gut tanzbaren Songs still stehen bleiben. Ich jedenfalls nicht.

Mit ‚Stella‘ wird an diesem Abend auch einer meiner Lieblingssongs gespielt. Zwar ist noch kein Album von der jungen Band am Start, aber zum Glück kann man schon ein paar ihrer Stücke auf den gängigen Streaming-Portalen finden. Auch wenn es in den Texten oft um Trennungsschmerz und Liebeskummer geht, schmettert Sängerin Edith es mit einem energiegeladenen Auftritt à la „klar bin ich verletzt, aber hey ich komme darüber hinweg“ von sich und man wird in dem Gefühl bestärkt, dass auch man selbst alle Widrigkeiten überwinden kann. Mit ‚Sweet Reality‘ und ‚Tell Me In The Morning‘ wird es zwischendrin etwas ruhiger, was der Stimmung jedoch auch live keinen Abbruch tut, da die Facetten von Edith’s Stimme erst jetzt richtig zur Geltung kommen und den Hörer mit vor Staunen geweiteten Augen zurücklassen. Sehnsüchtig habe ich auf diesen Song gewartet: ‚Painful To Watch‘ „Cause I need to be without you to feel alive and I could function pretty well, before you arrived, I’m allowed to be free, to focus on my life and I was made before I met you, we should let us die…“, wenn das mal keine Ansage ist! Und so tanze und singe ich ausgelassen zum leider letzten Song von FOURS an diesem Abend.

 

Mit dem altbekannten Liebling ‚Bloody Shirt‘ starten To Kill A King gewohnt energiegeladen in den heutigen Abend. Wie auch schon bei der Vorband, ist man von den ersten Sekunden an mit im Geschehen und kommt gar nicht drum herum sich zu bewegen und vergnügt mit zu trällern.
Da wir uns neben der Bühne ein Stück der an der Wand entlanglaufenden Bank gesichert haben, um die Winterjacken, Schals und alle anderen Schichten, die man sich im Winter so überwirft zu lagern, kommen wir nicht umher auf die Eltern von Frontmann Ralph Pellymounter aufmerksam zu werden. „Just to make my parents proud, just to make my parents smile“, heißt es in ‚Funeral‘ und das ist ihm offenbar auch gelungen. Voller Freude und Stolz schaut das Paar auf die Bühne, auf der ihr Sohn die Menschenmasse im Saal zum Strahlen und Wogen bringt. Welch ein zuckersüßer Moment, den wir da miterleben dürfen. Schon vor wenigen Wochen in London ist mir die Kinnlade leicht in den Keller gerutscht, als ich dieses Lied live hörte. Umso gespannter war ich natürlich, wie es auf dem neuen Album klingen würde. Die Rede ist von ‚The Unspeakable Crimes Of Peter Popoff‘. Es geht es um den Fernsehprediger Peter Popoff, der von sich behauptete direkt mit Gott in Verbindung zu stehen und Menschen allein durch seinen Geist heilen zu können. In seinen besten Zeiten ergaunerte sich Popoff damit monatlich 4,3 Millionen US-Dollar von vielen hilfesuchenden Senioren und Kranken. „I found the devil in my own backyard, turns out he looks like everyone.“ Natürlich klingt der Song auf der neuen Platte nicht weniger schlecht, live erlebt man To Kill A King jedoch einfach intensiver und auch ihre Musik bekommt eine euphorischere Dynamik, der man die kompromisslose Liebe zur Musik direkt anmerkt. Nichtsdestotrotz hat es mir das aktuelle Album enorm angetan und ich kann es nur jedem wärmstens empfehlen.

Die sanfte Stimme von Keyboarder Ben Jackson durchflutet den Raum und mir wird ganz warm ums Herz. Die Menge bewegt sich im Takt, wie Bäume im Wind, die sich geschmeidig hin und her biegen. Schon immer war ich ein Fan dieser unerwartet zarten, sopranen Stimme und umso schöner finde ich es, dass ich sie auf den letzten beiden Alben öfter als bisher genießen darf. Von mir aus darf es ruhig mehr davon geben! Genauso schön geht es nun mit ‚No More Love Songs‘ weiter. Wie der Titel bereits verrät, geht es um den Fluch der Liebeslieder, die man meist für einen wichtigen Menschen in seinem eigenen Leben schreibt, die einen aber auch stetig an diese Person erinnern, auch wenn diese schon längst gegangen ist. „I ain’t gonna write no more love songs, ‚cause they will stay after you’re long gone…“. Bleibt abzuwarten, ob den Worten Taten folgen und wir nie wieder einen neuen Love Song aus der Feder Ralph Pellymounters zu Ohren bekommen werden. Ich hoffe es jedenfalls nicht, denn mit Textzeilen wie „I said your name, just to feel it on my lips again, to see if it still felt the same… So tell me now how it’s possible that a single day seems so beautiful and you never know them till they’re gone…..“, aus ‚The Good Old Days‘ beweist genau dieser einmal mehr, wie viel Schönheit und Emotion in seinen Texten steckt, die sich abseits der Konzerte fast wie kleine Gedichte lesen. Zum wiederholten Male an diesem Abend ist es mir unbegreiflich, wie eine Band, die so viel Gefühl, Herzblut und Arbeit in ihre Musik steckt, einfach nicht die Anerkennung bekommt, die sie verdient. Gespannt erwarte ich den Song, der schon immer ein Highlight war, der aber durch den Besuch in London für mich noch etwas bedeutsamer wurde. ‚Choices‘ war gefühlt schon immer DAS Lied auf einem To Kill A King Konzert, denn wenn es zu dem ‚ooooh-Part‘ kommt (jeder, der sie schon einmal gehört hat, weiß was ich meine) fühlt man sich einfach irgendwie zusammengehörig – mit der Band, den Leuten um einen herum und der Energie im Saal. Wenn es still wird und nur der Gesang der Menge durch die Stille dringt und damit ein breites Lächeln auf die Gesichter der Musiker auf der Bühne zaubert – das sind die Momente, die ich liebe! Die Momente, in denen man den Künstlern etwas von der Freude zurückgeben kann, die sie einem schenken. Auch wenn in London Bastille-Sänger und Jugendfreund Dan Smith seinen Part aus dem in Fankreisen berühmten YouTube-Video ‚Ralph’s Balcony, Episode 20‘ übernommen hat (was die Sache zu einem so intimen Augenblick gemacht hat, der gefühlt nur einmal im Leben vorkommt), ist dieser Song einfach jedes Mal – egal wo, egal mit welchen Gästen auf der Bühne – etwas Besonderes. Vielleicht auch, weil er mich immer an die Momente erinnert, in denen ich die Band mit meinen Freunden zusammen erlebt habe. Und obwohl To Kill A King für mich immer eine Band war, die ich lieber live gesehen habe, als sie nun tagelang in meiner Playlist zu hören, haben sie mir durch ihr neues Album bewiesen, dass sie auch getrost einen festen Platz darin verdienen.

Bald wird die Band wieder nach Deutschland, UK und andere Teile Europas kommen und ihre unvergesslichen Wohnzimmer-Konzerte im kleinen Kreis ausgewählter Fans spielen. Wenn Ihr also eine Location Euer Eigen nennt oder kennt, die ca. 80 Leute stemmen kann und Ihr schon immer mal eine tolle Band in einer intimen Atmosphäre erleben wolltet, schickt Eure Bewerbung an TKAKtour@gmail.com. Der Zeitpunkt der Tour wird voraussichtlich zwischen dem 25.06. und 13.07.2018 liegen.

Als besonderes Schmankerl lege ich Euch abschließend noch die schöne Akustikversion von ‚Spiritual Dark Age‘ ans Herz.

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J.S.

Setlist:

Bloody Shirt
Compassion Is A German Word
Funeral
Spiritual Dark Age
The Unspeakable Crimes Of Peter Popoff
I Work Nights And You Work Days
Compare Scars
Love Is Not Control
Bar Fights
Oh My Love
No More Love Songs
My God And Your God
The Good Old Days
Fictional State
Wolves
Choices
And Yet…

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