I Heart Sharks – Uebel & Gefährlich, Hamburg

 

So slow down, yeah stop a second

Cause in this jet black night, all we’ve got is time

 

 

Es ist Samstag und eigentlich müsste ich aus dem Häuschen sein, denn es ist wieder Konzertnacht in Hamburg in einer meiner Lieblings-Venues, dem Uebel & Gefährlich. Doch heute stehe ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge vor der kleinen Bühne, auf der wir gleich I Heart Sharks erwarten dürfen. Nachdem gefühlt alle Songs aus der Umbaupause über Shazam identifiziert wurden, ertönt auf einmal Vogelgezwitscher! Sind wir hier auf einem Ornithologen-Kongress oder doch auf dem Abschlusskonzert dieser haiverliebten Band? Müsste man dann aber nicht eher Wellenrauschen hören? Nach einer gefühlten Ewigkeit des Gezwitschers, das mittlerweile schon nahezu unangenehm geworden ist, flackern die ersten pinken Lichter über die Bühne und man weiß: jetzt geht es los!

Leicht heiser betreten Sänger Pierre Bee und der Rest der Band die Bühne. Nicht ganz so fröhlich wie sonst begrüßen sie die, die zu ihrer letzten Show gekommen sind. Das ist sie, die allerletzte Gelegenheit die Jungs hier in Hamburg zu sehen und die Welt für eine kurze Weile durch ihre Songs zu vergessen. Auch wenn uns geraten wird nicht daran zu denken und diesen Abend einfach zu genießen, komme ich nicht um den traurigen Gedanken herum „das ist das letzte Mal, dass du diesen Song live erlebst“. Mit „Summer“ holen mich die Jungs jedoch aus meiner Melancholie und nun hüpfe auch ich fröhlich mit. Auch wenn es außerhalb der Bunkermauern heute noch sommerlich warm ist, erinnert mich dieser Song an den wunderbaren Abend, an dem er etwas mehr Wärme in die winterkalte Nacht gebracht hat. Auch die restliche Setliste ist ein schöner bunter Mix aus ihren alten und neuen Songs – vom Debütalbum „Summer“ bis zur letzten Platte „Hideaway“ ist von allem etwas dabei. Denn fannah wie die Sharks sind, haben sie im Vornherein noch einmal eine Umfrage gemacht, welche Songs man sich am meisten wünschen würde. Und so gibt es immer wieder kleine Überraschungen, selbst für eingefleischte Fans der vier Jungs aus Berlin. Mit „Headlines“ finde auch ich eine Neuentdeckung für meine Playlist und mit Liedern wie „Wait“ und „Back Home“ erobern sie einfach immer wieder mein Herz.

„Take me back where I know the streets, I could never be lonely, I know there is a part of me“

Als jemand, der selbst seine Heimat hinter sich gelassen hat, weckt dieser Song einfach immer wieder Erinnerungen an meine Kindheit und die Zeit zu Hause. Aber für Trübsal ist nicht lange Zeit, denn mit „Suburbia“, „The World Is Yours“ und „Neuzeit“ folgen gleich drei meiner absoluten Lieblingshymnen, die einfach mitgesungen werden MÜSSEN und auch die müden Muskeln bekommen ordentlich ihr Fett weg, denn an still stehen ist jetzt nicht mehr zu denken. Meine Leidensgenossen unter den Besuchern sehen das scheinbar genauso und aus einem wehklagenden Seufzer wird spätestens jetzt ein Ausruf der Freude. Was für ein Wechselbad der Gefühle! Krasser könnte der Umschwung zwischen Partystimmung und Tränen nicht sind sein.

Mit „Easy“ finden sich Sänger Pierre und Gitarrist Simon mit der altbekannten Stehlampe, die das Uebel & Gefährlich nun in schwaches Schummerlicht taucht, in der Menge wieder. Mit dem Kopf auf der Schulter meiner Begleitung, wird mir das Herz ein bisschen weniger schwer, als wir anschließend bei etwas ganz Großem dabei sind. Pierre lässt uns wissen, dass „Only Love“ es noch nicht oft auf die Setlist geschafft hat und ich bin froh, ein Teil dieses magischen Abends zu sein und diesen musikalischen Juwel einmal miterleben zu dürfen. Sichtlich gerührt wendet sich Pierre an die Hamburger Menge und bedankt sich für die vergangenen Jahre, die sie mit ihren treuen Anhängern erleben dürften, teilt Erinnerungen und spricht aus, wie sehr es ihnen immer gefallen hat in Hamburg zu spielen. Mir ging es genauso – seitdem ich die Sharks durch eine Freundin kennengelernt habe, habe ich keine Show in meiner Stadt oder auch mal außerhalb ihrer Mauern verpasst. Denn eines ist bei ihren Konzerten gewiss, man geht immer mit einem Lächeln auf den Lippen nach Hause, weil diese Band es immer wieder schafft die Menge für sich zu begeistern. Die Zeilen von „To Be Young“ werden von allen lauthals mitgesungen, denn wer kann sich bitte nicht mit diesen Lyrics indentifizieren: „I’ve heard so many lies, about an easy life. We’ll take time to be young, we’ll take time“? Viel zu schnell gehen schöne Dinge vorbei und ich genieße mittlerweile schweren Herzens die letzten Songs dieses Abends:

„I don’t wanna get home, I just wanna get lost, I wanna get lost forever…“

Passender hätte das Schlusslied nicht gewählt werden können. Das war es nun, das erste Konzert, bei dem ich schon im Vorfeld wusste, dass es das letzte seiner Art sein wird. Ich weiß nicht, ob es jetzt das Erlebnis unterstützt oder eher behindert hat, aber es hat mir einmal mehr gezeigt, dass jedes Konzert etwas Besonderes ist. Wenn manch andere sagen, „Die Band hast du doch nun schon so oft gesehen, warum siehst du sie nochmal?“, muss ich immer aufpassen, nicht mit den Augen zu rollen. Es ist einfach jedesmal etwas Anderes: andere Menschen kommen zu den Konzerten, die eine ganz andere Energie haben, als vielleicht in der Stadt davor und auch die Performance der Band ist oftmals eine andere. Und leider weiß man oft auch nie, ob es nicht das letzte Konzert dieser Band sein wird. Gerade die Bands, die vielleicht nicht die großen Hallen füllen, die es ihnen ermöglichen würden von ihrer Musik zu leben, sollten unterstützt werden und das tut man nunmal, indem man auf ihre Konzerte geht. Wie Pierre es so schön gesagt hat: es ist nicht nur ihr Verdienst, dass sie auf der Bühne stehen, sondern auch der Verdienst derer, die davor stehen. Der Verdienst derer, die zu ihren Shows kommen, ihre Songs hören, ihre Platten kaufen und es ihnen somit ermöglicht haben, immer wieder in den Proberaum gehen zu können.
Leider vergisst man zu oft, was hinter der Musik eigentlich noch alles steckt: Arbeit, Opfer und manchmal auch platzende Träume, weil man bei Spotify nicht die wohlverdienten Millionen von Abonnenten hat oder weil sich ein potentieller Konzertbesucher zu oft denkt „also in der Woche gehe ich jetzt nicht zu der kleinen Band, die kommen ja eh bald wieder“. Ich hätte ihnen wirklich von ganzem Herzen gewünscht, dass ihre Träume und Wünsche in Erfüllung gehen, aber wer weiß… vielleicht bringen Abschiede ja auch neue Richtungen und Wege und ich würde mir wünschen den herrlich britischen Akzent von Sänger Pierre irgendwann in einem anderen Projekt wieder zu finden.

Danke für die letzten Jahre und all die schönen Erinnerungen, die ich durch euch sammeln konnte, Jungs!

Um den Beitrag nicht ganz so traurig zu beenden, gebe ich dir, lieber Leser, noch mein Zitat des Abends mit auf den Weg: „Und Leute, auch wenn die Shirts hässlich sind – kauft sie, denn das bringt Bands in den Proberaum!“. Amen.                                                                                                                                                                          J.S.

 

 

 

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Setlist:

Monogamy
Summer
Karaoke
Lies
Headlines
Kino
Walls
Animals
Wolfs
A Ruin
Wait
The Water
Back Home
Suburbia/ The World Is Yours
Neuzeit
Easy
Only Love
To Be Young
YHideaway
Lost Forever

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